COVID-19: Maßnahmen in Apotheken – TEIL 5
Wahrscheinlichkeiten und Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen; was wir sonst noch machen könnten, aber im Augenblick nicht machen, und warum.
1. Gesichtsmasken tragen.
Die behindern nicht nur Atmung und Kommunikation, sondern sind unterhalb Sicherheitsklasse FFP3 gegen Viren nicht hinreichend wirksam. FFP3-Masken müssten auch nach mehreren Stunden getauscht werden und sind augenblicklich nicht erhältlich, weil für jene vorgesehen, die unmittelbaren, zeitlich limitierten Kontakt zu Personen mit COVID-19 oder anamnestischen Verdacht darauf haben – Einsatzpersonal, Krankenhauspersonal, Ärzte im niedergelassenen Bereich – die tragen dann aber auch noch Schutzbrillen. Kurz formuliert: FFP3 + Schutzbrille + Handschuhe + Schutzanzug + zeitlich begrenzter Kontakt zu infizierter Person, mit sachgerechter Entsorgung nach verrichteter Tätigkeit = die anzuwendende, für die Apotheke untaugliche Formel. Andere Gesichtsmasken, auch wenn es möglich, so wäre diese in unserem Arbeitsalltag bis zu 10 Stunden lang zu tragen, sie behindern, sind überwiegend optisches Signal (vor allem wenn eine Plexi-Wand zum Abfangen des größten Teils eines möglichen Sekret-Sprühregens eingerichtet ist), und haben praktisch nur dann Sinn wenn der Erkrankte sie trägt (respiratorische Hygiene; siehe TEIL 4 der Blog-Serie).
2. Einmalhandschuhe tragen
= Bestandteil der vorstehend angegebenen Formel. Das ergibt in der Apotheke dann Sinn, wenn man kurzfristig Kontakt zu möglicherweise kontaminierten Flächen hat (Putzen der „Plexi-Trennscheiben“ und andere Reinigungstätigkeiten) – und da werden sie auch eingesetzt. Für den Einkauf im Supermarkt interessant: Wenn man die Griffe der Einkaufswagerl berühren muss, können Handschuhe dann nutzen wenn man zu zweit einkaufen geht – 1 Person schiebt das Wagerl, die andere befüllt es, um eine Kreuzkontamination (das Übertragen von Viren oder Keimen von einer kontaminierten auf eine saubere Oberfläche) zu vermeiden (wobei eine Infektion auf diesem Weg praktisch auszuschließen ist – siehe auch die Diskussion betreffend Bargeld, Punkt 3.). Bei Tragen über einen längeren Zeitraum müssten Handschuhe ständig gewechselt oder so wie die Finger ständig gewaschen und/oder desinfiziert werden. Nachdem weder wir, noch die Waren welche wir manipulieren, kontaminiert sind, ergibt diese Maßnahme, außer der Wahrnehmung von Sicherheit beim Kunden, keinen Sinn. Ganz abgesehen davon, dass ständiges Tragen die Hautbarriere so richtig schädigt, mehr noch als die konsequente Umsetzung von Hand-Hygiene. Zu unguter Letzt sind Einmalhandschuhe ausverkauft, somit als limitiert aus Restbeständen verfügbare Ressource gezielt einzusetzen wo unabdingbar, wie z.B. bei der Pflege von erkrankten infizierten Personen.
3. Zahlungsvorgang NUR mehr über die Bankomatkasse abwickeln.
Warum? Weil dann niemand mehr Geld berühren müsste. Problem: in einer Apotheke nicht perfekt administrierbar, und Beträge über 25 Euro gehen nur unter Eingabe der PIN über eine möglicherweise kontaminierte Tastatur (die wir nur häufig, aber nicht nach jedem Zahlungsvorgang desinfizieren können). Um dieses Risiko zu minimieren halten wir einen Händedesinfektionsspender beim Portal bereit, der von unseren Kundinnen und Kunden vor dem Verlassen der Apotheke (oder auch beim Eintreten) benutzt werden sollte. Dann gibt es noch den Trick eine Ecke der Karte für die Eingabe der PIN zu verwenden. Damit wird jeder direkte Kontakt der Finger mit der Tastatur vermieden. Für jene, die nun befürchten, dass wir Keime vom Geld, das wir ja zumindest fallweise entgegennehmen müssen, auf die Arzneimittelpackung übertragen: Bargeld selbst ist zwar schmutzig, die Übertragung von Viren von Scheinen und Münzen über Finger auf Packungen jedoch auszuschließen. Dennoch ist es immer anzuraten die Hände zu waschen nachdem man Geld manipuliert hat und bevor man Nase, Augen, Mund, oder Essen berührt. In dieser Situation heißt das für die Apotheke dennoch: Die Frage „Haben Sie 15 (oder 30, oder 50) Cent?“ werden Sie von uns eine ganze Weile nicht mehr hören. Was Sie hingegen von uns hören werden: „Sie können gerne mit Bankomat- Kredit- oder City Card bezahlen.“
4. Freiwahl absperren.
Abgesehen davon, dass im Augenblick kaum Leute mit nicht-essentiellen Besorgungen in die Apotheke kommen, müsste – verkürzt formuliert – der Lebensmittelhandel ebenfalls die Regale absperren. Der Tipp kam von der Kammer und wurde in der Stadt-Apotheke vorerst lediglich für die Kosmetik umgesetzt. Eine Sinnhaftigkeit lässt sich konstruieren, wenn man davon ausgeht, dass ein SARS-CoV-2 positiver Kunde Ware in die mit einer Tröpfcheninfektion imprägnierte Hand nimmt und das so kontaminierte Produkt nach Betrachtung wieder in das Regal zurück stellt, wo es die nächste Person nach kurzer Zeit rausnimmt indem er die Packung an genau der gleichen Stelle anfasst und sich so ansteckt. Das kann auch im Lebensmittelhandel oder Drogeriemarkt passieren. Wirksame Maßnahme für jene, die GANZ sicher gehen wollen: Überkartons noch im Geschäft oder dann zu Hause sofort entsorgen. Aber, da bewegen wir uns schon in sehr ätherischen Vermeidungsstrategien. Die häufigste Route der Infektion ist immer noch die direkte Tröpfcheninfektion, und die wollen wir alle konsequent vermeiden, durch Maßnahmen wie das viel zitierte „Social Distancing“, zu Deutsch: 1-2 Meter Abstand zu anderen halten, und die im Teil 4 vorgestellte respiratorische Hygiene.
5. Medikamenten-Abgabe durch die Nachtdienst-Luke
ist bei unserer derzeitigen Frequenz einfach nicht durchführbar, bedarf einer Genehmigung durch die Bezirksverwaltungsbehörde, und durch die Luke zieht es ganz schön rein, d.h. ein Windkanal für jedes Tröpfchen. Und das wollen wir doch nicht. Als improvisierte, zeitlich begrenzte Maßnahme haben wir eine Folie angebracht, auch wenn das dem Erscheinungsbild unseres Portals nicht gerade zuträglich ist.
6. Belegschaft in Team A und B splitten
– Sollten wir auf Grund dramatisch ansteigender Fallzahlen mit dem entsprechen hohen Risiko an eine Person mit nicht identifizierten SARS-CoV-2 zu geraten, die Belegschaft in Team A und B splitten müssen, dann wäre das möglicherweise eine Begleitmaßnahme, weil dann auf Grund der ausgedehnten Öffnungszeiten und dem Arbeitszeitgesetz die überwiegende Zeit ohnehin nur 1 Person für den Kundenverkehr zur Verfügung stehen könnte. Bei Ausfall eines der beiden Teams durch Infektion müssten dann noch die Öffnungszeiten über Antrag an die Bezirksverwaltungsbehörde und entsprechender Verordnung verkürzt werden um dem Arbeitsgesetz gerecht zu werden.
7. Zeitlich begrenzte Schließung zur Desinfektion des Betriebs
ergäbe nur dann Sinn wenn häufig, also die 10 Minuten jede Stunde Variante. Wir fokussieren unsere Bemühungen laufend und bei offener Tür auf die relevanten Hochfrequenz-Kontaktpunkte, nämlich die publikumsseitige Pultfläche und die Tastatur des Bankomat-Terminals, welche wir ständig mehrmals die Stunde (wie unsere Finger) reinigen und desinfizieren. Und das geht auch ohne Schließung.
8. Einen Security-Beamten abstellen.
Nachdem es aus derzeitiger Sicht zu keiner Verknappung von Medikamenten kommt (mit Ausnahme der ohnehin schon länger bestehenden systemischen Probleme einiger, relativ weniger = komplexes Thema, das ich bei gegebener Zeit in einem eigenen Blog-Eintrag behandeln werde) – ist nicht mit einem unkontrollierten Ansturm zu rechnen, weil Verknappung und Lieferverzögerungen in der Regel (mit ganz wenigen Ausnahmen) maximal kurzfristig im erstattungsfähigen, rezeptpflichtigen Bereich auftreten und die Ärztin oder der Arzt in der Regel die Therapie auf erhältliche Arzneimittel umstellen kann. Nötigen Abstand halten unsere Kunden in der Regel auch ohne von einem Security-Beamten (oder uns) nachhaltig dazu aufgefordert geworden zu sein.
Der letzte Teil dieser kleinen Serie wird ein Blick über den Tellerrand der Apotheke und das Sprungbrett für eine Facebook Live Session mit Fragen und Antworten (Q&A) am kommenden Montag, 19:30 Uhr, und den Themen: Viruslast, Herdenimmunität, Übersterblichkeit, Medikamente, Impfstoffe, Ressourcen. Klingt sperrig, ist aber relevant und im Gespräch besser und schneller abzuhandeln als in einem geschriebenen Text. Dort können dann auch die Fragen gestellt werden, welche die Blog-Mini-Serie offengelassen hat. Fragen können aber auch bereits jetzt als Kommentare hinterlassen werden – also, hau‘ in die Tasten!